Der nds. Minister für Umwelt, Energie, Bauen und Klimaschutz, Olaf Lies, im Gespräch mit Dr. Dirk Schöps vom REWIMET e.V., Prof. Daniel Goldmann von der TU Clausthal sowie Eike Bruns von der Goslarsche Zeitung.

 

Dirk Schöps: Herr Minister Lies, Sie haben in Ihrem Vortrag beschrieben, was wir alles für die Rohstoffsicherung und die Ressourceneffizienz benötigen. Brauchen wir dafür nicht einen Ansatz, der die gesamte Gesellschaft mitnimmt?

Olaf Lies: Natürlich brauchen wir den. In den Sonntagsreden gibt es diesen Konsens schon. Im Alltagsleben stellen wir aber fest, dass dieser Konsens wieder aufbricht. Wenn ich persönlich betroffen bin von der Stromleitung oder persönlich betroffen bin von dem Windrad, das in der Nähe gebaut wird, dann muss ich persönlich an bestimmten Stellen Verzicht üben. Es muss uns gelingen, dass wir diesen gesellschaftlichen Konsens, den wir gerade haben, zu verfestigen. Aber wir werden nicht darum herum kommen, ihn politisch in rechtliche Rahmenbedingungen umzusetzen. Deswegen ist ja der konsequente Ausstieg aus der fossilen Energieerzeugung richtig. Er setzt aber voraus, dass wir erneuerbare Energien ausbauen. Natur, Umwelt und Ressourcenschutz sind wichtig, damit man als Hersteller eben nicht sagen kann: Ich bin nur verantwortlich für das, was ich auf den Markt bringe, sondern auch für das, was am Ende aus dem Produkt wird.

Dirk Schöps: Das Land Niedersachsen betreibt mit der Regierungskommission und mehreren Arbeitskreisen schon seit langer Zeit diesen gesellschaftlichen Diskurs. Wie geht es weiter?

Olaf Lies: Das Schwierigste ist, wenn man den Leuten erklären muss: das geht so nicht mehr, und wir hätten gar keine Lösung. Wenn man mal alles subsummiert, was wir heute diskutiert haben unter den Begriffen Klima- und Ressourcenschutz, dann muss man das als Debatte betrachten. Man darf nicht sagen: morgen geht nichts mehr! Ich finde, Klimaschutz ist eine riesige Chance. Dahinter steckt Innovation, dahinter steckt Veränderung, dahinter steckt neue Technologie, dahinter steckt Zukunftsperspektive. Ich glaube, dass wir diesen Begriff prägen müssen. Dann ist der eine oder andere vielleicht auch bereit, die Veränderung, die ihn betrifft, zu akzeptieren, denn er erkennt: es gibt einen Weg, wo wir hin wollen. Das wird die Aufgabe sein, die in solche einem Symposium und in den Hochschulen liegt. Die Menschen wollen Orientierung haben, und diese Orientierung können wir ihnen mit dem, was wir hier machen, geben.

Eike Bruns: Wenn Sie das heutige Symposium anschauen, hören wir ja, dass aus dieser Region vieles ins Land hineingetragen werden soll. Wie könnte man diesen Transfer ihrer Meinung nach am besten gestalten?

Olaf Lies: Die Region hat es geschafft, sich gut aufzustellen und gemeinsam zu agieren. Deswegen ist es für REWIMET ganz entscheidend, Verbände, Unternehmen und Strukturen miteinander aufzustellen und ein richtiges Cluster daraus zu machen. Das bedeutet, dass die Region an dieser Stelle stark aufgestellt ist. Das sorgt auch dafür, dass man wahrgenommen wird, und dass diejenigen, die nach Lösungen suchen, auf die Region Harz aufmerksam werden. Wir haben eine Menge Kompetenz, und wir müssen deutlich machen, dass diese Kompetenz Lösungen liefert, auf die zum Beispiel Unternehmen morgen angewiesen sind. Die Unternehmen müssen den Carbon Footprint nachweisen, sie müssen nachweisen, wie sie mit Rohstoffen umgehen, sie müssen Recyclingprozesse auch als Lösung haben. Es ist unglaublich gut gelungen, aus dieser Region, in der ja einiges weggebrochen ist, wieder eine Region zu machen, die an einem Zukunftsthema eine ganz entscheidende Rolle spielt. Und das nicht nur für Niedersachsen, sondern für ganz Deutschland. Das haben wir ja heute bei den Projekten gesehen. Cluster heißt: sich konzentrieren auf Kompetenzen und sie so zu bündeln, dass man sich von der Allgemeinheit abhebt. Daraus können neue Ansätze, neue Arbeitsplätze und neue Forschungsprojekte entstehen.

Dirk Schöps: Beim Batterierecycling hat sich dieses schon deutlich gezeigt: zwei wesentliche Umsetzungen von Forschungsprojekten zum Batterierecycling, nämlich bei den Unternehmen Duesenfeld und Umicore, sind in der Recyclingregion Harz entwickelt worden.

Olaf Lies: Wir müssen das noch mehr transportieren, was wir eigentlich leisten. Wir hier in Niedersachsen liefern die Antworten auf ganz elementare Zukunftsfragen. Im Moment wird alles im Klimaschutz unter dem Thema CO2-Emissionen diskutiert. Das Ganze kann aber nur funktionieren, wenn wir den Umgang mit Ressourcen und Rohstoffen genau so behandeln.

Dirk Schöps: Wir haben leider einige Beispiele, wo das nicht so perfekt funktioniert. Ich denke an glasfaserverstärkte Kunststoffe in Rotorblättern von Windrädern, ich denke an die 4 Mio. t PV-Module in Deutschland. Wir wissen heute noch nicht so richtig gut, wie man das wieder auseinander bekommt. Daraus entstand die Idee, zu diesem Symposium die neue Technologie der Mobilität hier mit herzubringen. Ich bin sehr froh, dass wir 17 Elektrofahrzeuge hier haben, weil wir das plakativ machen wollen: die Mobilitätswende hat etwas mit Rohstoffen zu tun! Wir müssen uns Gedanken darüber machen, wie wir die Kreisläufe schließen, bevor diese Fahrzeuge in Massen produziert werden.

Daniel Goldmann: Die Mutter aller Cluster ist das Silicon Valley. Ein Cluster entsteht dadurch, dass eine gewisse Mindestanzahl an Unternehmen und Forschungseinrichtungen auf einem Haufen sitzt. Dann entsteht eine Art Gravitation: jeder will dann dahin, und so entstand auch die Recyclingregion Harz.

Olaf Lies: Erfolg lebt auch immer davon, wie wir uns vermarkten. Die fachliche Kompetenz kann man sehr genau zuordnen. Das müssen wir ausnutzen, um junge Leute und Unternehmen zu gewinnen, in die Region zu kommen. Sie haben hier alle Voraussetzungen, dass der Clustereffekt funktioniert, denn die Voraussetzungen sind heute völlig anders als vor 20 Jahren.

Daniel Goldmann: Eine zentrale Frage ist aber: wie kriegen wir junge Menschen in die Region? Wir gehen deswegen in Bildungsoffensiven, z.B. mit den Kollegen in Nordhausen und in Magdeburg. Das ist eine echte Herausforderung für uns. Die Zahl der Studierenden in den MINT-Fächern ist nicht so, wie wir uns das wünschen. Wir können gar nicht mehr so viele Absolventen ausbrüten, wie der Markt bräuchte. Entsorgungsunternehmen sehen sich zunehmend als Rohstoffunternehmen. Früher hatte die Preussag 70.000 Mitarbeiter. Die gibt es nicht mehr. Heute hat Remondis 70.000 Mitarbeiter. Der gesamte Umweltbereich ist ein Jobmotor in Deutschland geworden.

Dirk Schöps: Sehr geehrter Herr Minister Lies, vielen Dank für das Gespräch und viel Erfolg für Ihre weitere Arbeit.

 

Das Interview mit dem nds. Minister für Umwelt, Energie, Bauen und Klimaschutz, Olaf Lies, führte Dr. Dirk Schöps, REWIMET e.V.
Beteiligt waren Prof. Daniel Goldmann, TU Clausthal und Eike Bruns, Goslarsche Zeitung

 

Kontakt:

Dr. Dirk Schöps
Cluster Manager REWIMET e.V.
Leibnizstraße 23, 38678 Clausthal-Zellerfeld
Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!
Tel. 0160 – 720 22 05